Penny – Porträt einer Rauhaar Jack Russell Hündin

Damals…als sie noch ins unterste Buchregal passte.

Ich werde den Moment wohl nie vergessen.

Wir hatten gerade die Grenze zu Österreich passiert, nachdem wir, meine Mama und ich, ein paar Tage in Grado verbracht hatten. Die Straße war in einem Zustand, das ich sie nicht als eine Autobahn der Alpenrepublik erkannt hätte. Der Himmel war grau und es regnete.

Ohne das wir zuvor davon gesprochen hatten, ganz plötzlich und ohne Vorwarnung sagte meine Mutter zu mir: „Wenn du dir einen Hund nehmen möchtest, dann werden wir dich unterstützen.“

Imaginary Dog

Ich weiß nicht wie oder wieso, aber seit ich denken kann habe ich Hunde geliebt. Nicht selten hörte ich Sätze wie „Also, normalerweise geht er nie zu fremden Menschen.“ wenn wieder einmal ein Hund stehen geblieben war um an mir zu schnuppern.

Wir hatten keinen Familienhund. Weder meine Eltern, noch irgenjemand in der näheren Verwandschaft. Einmal im Jahr, bei einem jährlichen Ganslessen gab es einen entfernten Onkel, der einen Hund hatte, den ich zeitweise auch an der Leine führen durfte. Jedes Mal ein absolutes Highlight für mich. Ansonsten war mein Kontakt zu Hunden eher gering.

Trotzdem war es immer mein Traum einen Hund zu haben. Ich stellte mir häufig vor, wie es wäre mit meinem Hund an der Leine durch die Gegend zu spazieren. Manchmal hielt ich sogar eine imaginäre Leine in der Hand, wenn ich durch Wien ging. Ich muss gestehen, das es mir immer ein wenig peinlich war, weil ich Angst hatte jemand könnte es sehen und würde glauben, dass ich verrückt war. Aber lassen konnte ich es auch nicht ganz.

Familientier

Obwohl mein Wunsch nach einem vierbeinigen Freund Jahr um Jahr zu wachsen schien, traute ich mich nie mir einfach einen Hund zu nehmen. Auch wenn ich nicht wirklich einschätzen konnte, wie viel Verantwortung und Arbeit ein Hund bedeutete, konnte ich mir doch vorstellen, das es eine ganze Menge war. Daran das alleine hinzubekommen, zweifelte ich. Tief in mir wusste ich also das nach Mann, Kindern und Haus mit Garten auf jeden Fall ein oder zwei oder mehr Hunde in mein Leben sollten. Ich musste nur warten.

Trotzdem verirrte ich mich immer wieder auf Tierschutzseiten, verliebte mich kurzzeitig in ein Tier, stellte mir vor wie es wäre und vergaß dann wieder darauf.

Doch als meine Mutter diesen Satz sagte, legte sich ein Schalter in mir um. Zu wissen, das ich die Unterstützung meiner Eltern haben würde, die eigentlich immer gegen die Anschaffung eines Hundes waren, war anscheinend genau das, was ich gebraucht hatte.

Zuerst war da Nuri

Ich weiß nicht, ob ich nicht gleich im Auto angefangen habe den Hund für mich zu suchen. Aber auf jeden Fall fand ich irgendwie eine Schäfer-Mischlingshündin namens Nuri auf einer ungarischen Tierschutzseite. Ich verliebte mich in die Hündin, weil das Wort Nuri in einer meiner Buchideen vorkommt und ich ein „Meant-to-be“ Typ bin.

Zum ersten Mal in meinem Leben ging ich also weiter als nur die Bilder anzuschauen. Ich schrieb eine Email an den Tierschutzverein. Ich stelle mich vor und stellte einige Fragen. Doch irgendwie hatte ich nach der Zeit Zweifel. Ich hatte noch nie einen Hund gehabt…wollte ich nicht ein Unbeschriebenes Blatt?

Eine Bekannte begann von einem geretteten Hund zu erzählen, der sehr krank war und ich begann daran zu zweifeln ob ich wirklich für einen Tierheimtier als meinen ersten Hund gemacht war.

Carrie

Kurz bevor wir im Oktober 2017 nach Paris flogen, stolperte ich dann auf die Seite eines Rauhaar Jack Russell Züchters und verliebte mich in den Welpen Carrie. Eigentlich hatte ich ja geplant wie ich das alles machen wollte: zum Züchter fahren, Mutter mit Welpen sehen, den Hund entscheiden lassen…Märchenmäßig halt. Es kam alles ganz anders.

Hals über Kopf in diese kleine JRT Welpenkugel verliebt, schrieb ich eine Email an den Züchter. Ich stellte mich und meine Lebenssituation vor und erzählte, was ich alles mit Carrie machen würde. Wir telefonierten und machten uns einen Termin aus. Nur Schauen…wers glaubt!

Am 26. Oktober 2017, nur 16 Tage nach meiner Email ging es für uns ab in die Steiermark. Natürlich kamen meine Eltern mit. Auch sie hatten sich schon längst in das kleine Welpenknäuel verliebt und hatten versprochen, falls ich sie nehmen sollte, dass sie sich den Kaufpreis mit mir teilen würden. Ich sagte zu, unter der Bedingung, dass sie den Hinterteil bezahlten, während ich den Vorderteil bekam.

Der Moment in dem dieser kleine Welpe, der viel größer war, als ich es mir gedacht hatte, übergeben wurde, ist bis heute in mein Gehirn eingebrannt. Ganz unsicher und schüchtern hielt ich dieses kleine Etwas, das so plötzlich von seinen Welpenfreunden weggenommen worden war und auch nicht ganz verstand was da jetzt passierte, und wollte es auch zur Vertragsunterzeichnung gar nicht mehr hergeben.

Schon damals wusste ich, dass ich sie nicht Carrie nennen wollte, sondern das sie Penny heißen würde. Nicht nach dem Supermarkt, sondern von Penelope, was die Treue bedeutet.

Plötzlich Hundemama

Ohne Erfahrung und nur theoretisch belesen, saßen wir also kurze Zeit später im Auto nach Wien. Der erste Schock erreichte mich schon nach wenigen Kilometern, als dieser kleine Hund heftigst zum Hecheln begann. War ihr zu heiß? Schlecht? Hatte sie Durst? Panik machte sich in mir breit. Nicht das ich sie gleich umbrachte, nur weil ich nicht in den Hundevorbereitsungskurs gegangen war.

Diese kleinen Panikattacken und Angstsituationen sollten mein steter Begleiter für das erste Jahre sein. Ich war nie wirklich sicher ob ich es richtig mache. Ich war eindeutig überfordert und definitiv nicht die beste Hundemama.

Aber irgendwie haben wir es geschafft. Nach zweieinhalb Jahren zusammen kann ich sagen, dass wir ein Team geworden sind. Mittlerweile kann ich fast jeden ihrer Blicke lesen. Weiß bei jedem Seufzer oder herzhaften Auspruster was sie meint…oder bilde es mir zumindest ein.

Wir haben es nach etwa 300 Lacken in der Wohnung geschafft, das sie stubenrein wird. Ich habe gelernt, dass ich nicht gleich bei jedem Futterverweigern springen muss um etwas besseres zu besorgen und sie nicht bei jedem Nickerchen gleich kurz vorm Sterben ist. Sie hat wiederrum gelernt, das nicht jedes Mal Kühlschrank gehen eine Wurst bedeutet und manchmal die Terrassentür auch nur gekippt wird und nicht gleich wieder Highlife im Garten bedeutet.

Wir machen sicher einige Fehler, aber auch sicher einiges ganz richtig.

Ich weiß heute, was es bedeutet einen Hund zu haben und NEIN ich glaube nicht, das jeder dazu gemacht ist einen Hund zu haben. Ich treffe sie, die Frauchen und Herrchen, bei denen man nur die Augen verdrehen kann. Und nein, auch ich mache nicht alles richtig, aber zumindest versuche ich rücksichtsvoll anderen Menschen und Tieren gegenüber zu sein. Mein Hund hat sich auch an gewisse Regeln zu halten, genau wie ich es als Mensch tun sollte. Wir arbeiten jeden Tag daran ein Team zu sein.

Ein Hund bedeutet viel Arbeit! Vor allem ein Welpe! Das darf man wirklich nicht unterschätzen. Man übernimmt nicht nur Verantwortung für ein Lebewesen, sondern muss gleichzeitig einen Rahmen für Mensch und Tier schaffen in dem alle miteinander zurecht kommen.

Würde ich mir wieder einen Hund nehmen? Auf jeden Fall! So anstrengend die erste Phase war, so viel habe ich daraus gelernt. Über mich, über uns. Was ich jedoch nie wieder machen würde: Einen Welpen in einer Wohnung ohne Garten zu haben. Das war Horror. Ich werde nie vergessen, wie wir im November oder Dezember um 3 Uhr in der Nacht plötzlich in tief verschneiten Wien standen und ich halbschlafend zu Penny meinte „Oh, schau. Dein erster Schnee.“ während sie mal wieder NICHT draußen ging, sondern sich lieber alles für ein Lackerl am Wohnzimmerteppich aufbehielt. Tja, so ist das mit einem Welpen halt. Und so ist es auch mit einem Hund. Da steht man schon mal um 3 Uhr nachts in Schnee, Sturm und Hagel. Denn wenn dein Bester Freund auf die Toilette muss, dann verzichtest du sogar auf deinen geliebten Schlaf. Alles für den Hund. Manchmal auch etwas zu viel.